Warhammer ist tot …

In der Nacht von gestern auf heute wurde Warhammer Fantasy Battles offiziell eingestellt. Die Regelbücher werden nicht länger verkauft, keine neuen Produkte geschaffen und die vorhandenen Figuren nur noch per Mail-Order verkauft – solange der Vorrat reicht. Ersetzt wird Warhammer durch Age of Sigmar, eine neues Spiel, das nichts mehr mit dessen Vorgänger gemein hat.

Seit 1983 konnte man gesammelte, gebaute und bemalte 28mm Figuren gegeneinander antreten lassen. Über die Jahre entwickelte sich das Spiel zu einem herausfordernden Strategiespiel, deren über 100 Seiten an Regeln es ermöglichte, Massen an Figuren in taktischen Formationen auf einem 72″ x 48″ großen Feld gegeneinander antreten zu lassen. Am Leben gehalten wurde das System von einem umfassenden Setting, das verschiedensten Völkern unterschiedlichste Interessen einräumte, sich am Schlachtfeld zu treffen.

Vor 15 Jahren stieg ich in das Hobby ein. Ein spontaner Ausflug nach Graz mit  Kaufrausch bescherte mir eine unkoordinierte Selektion an untoten Figuren (und nicht mal ein Regelbuch). Über die Jahre entwickelte sich das Hobby zu einer Passion. Ich verfolgte 3 Editionen, unzälige Armeebücher, das Kommen und auch das Gehen ganzer Völkern. Ich besitze nun 5 Armeen und habe den Großteil meiner weit über 1000 Figuren selbst gebaut und bemalt.

Warhammer ist kein Spiel, das man alleine spielt. Technisch gesehen muss man zumidnest zu zweit sein. Meine bevorzugte Konstellation ist aber 50 Leute aufwärts – auf national oder international organisierten Turnieren. Viele tolle Menschen sehe ich nur auf solchen Events. Die Rules as written geben kein ausgeglichenes Spiel her, sie sind aber ein gutes Fundament auf der die Fanbase aufbauen kann und kompetitives Aufeinandertreffen ermöglicht.

Als sich zu Beginn des Jahres die Gerüchte verdichteten, dass im Sommer eine neue Edition erscheint, war ich durchwegs guter Dinge. Zwar stellte ich alle aktuellen Bemalprojekte ein, allerdings mit der Absicht, mit der neuen Edition wieder voll durchzustarten. Ich freute mich darauf, dass die Karten neu gemischt würden, darauf mich durch 100 Regelseiten zu lesen, mir Kombinationen auszudenken, jede Lücke zu suchen und diese im ersten Anlauf auszunutzen und im zweiten Anlauf mir Regeländerungen zu überlegen, um faire Gefechte zu ermöglichen.

Games Workshop – der Warhammer Hersteller – hat in der Community nicht den besten Ruf. Diese Ambivalenz aus Liebe zu dem Spiel und gleichzeiter Hass auf die Originalregeln sowie die Firmenpolitik – reine Profitausrichtung, kaum Support und totale Geheimhaltung – gehört zum typischen Smalltalk unter GamerInnen. Als die Gerüchte langsam konkret wurden und spätestens als vor ein paar Tagen das Regelwerk zum Warhammer Nachfolger leakte spürte man, dass dieser Hass offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruht.

Die Grundregeln von Age of Sigmar haben nichts mehr mit klassischem Warhammer zu tun. Sie kommen mit vier Seiten aus. Die Bewegung von mehreren Einheitenregimentern wurde auf das Verschieben von Einzelmodellen reduziert, das Profil statt auf Tabellenbasis auf zu erwürfelnde Zielwerte pro Modell gekürzt und auch die Siegbedingung auf „wipe your enemy“ reduziert. Regeln für die Figuren sind online bzw. der Box beigelegt. Das meiste wäre mit gezielten Regelanpassungen schnell gefixt, das sind wir ja gewohnt.

Der Teufel steckt aber im Detail. Es gibt keinerlei Balancing-Maßnahmen. JedeR kann beliebige Modelle aufstellen und es gibt keine nach Stärke skalierenden Punktewerte. Jedes Modell wird gleichwertig behandelt und es gibt nicht eimal die Einschränkung auf gleiche Modellzahl auf beiden Seiten. Es können zum Beispiel 10 Goblins gegen 5 Drachen kämpfen. Wobei an dieser Stelle die Drachen sogar noch einen Vorteil erhalten, weil sie in der Unterzahl sind! Kompetitives Spiel ist damit unmöglich. Es gibt nicht einmal mehr eine Basis, die mit vertretbarem Aufwand zu ein vernünftiges Spiel gemacht werden kann.

Der finale Schlag ins Gesicht der Turnier-Community geschah in der Nacht auf heute – als Games Workshop die Regeln für alle bisherigen Figuren veröffentlichte. Ich war natürlich live dabei – man will dem Spiel doch eine ehrliche Chance geben. Als ich mich so durchlas flackte kurz das Interesse auf, zumindest einmal all meine Monströsitäten auf das Feld zu stellen und mich mit den Monströsitäten von jemand anderen zu bashen. Dann dachte ich an den Transport und las nochmal die bescheuerten Regeln.

In schallendes Gelächter brach ich dann beim Lesen der Regeln zur Cockatrice aus. Ich musste dreimal nachschauen, bis ich realisierte, dass „look your opponent in the eye and roll a dice. Add one to the roll if your opponent blinks first and subtract one from the roll if you do“ tatsächlich da stand. Bockschauen also, aha. Ich durchstöberte Foren und auch andere Leute sind auf ähnliche Regelstellen gestoßen: tanzen, schreien, mit Figuren reden, mit 2D6 13 würfeln, uvm. WHAT THE FUCK?!?!?

Warhammer ist tot, Age of Sigmar eine Totgeburt.

Aber wie geht es jetzt weiter? Erst mal werde ich noch die 8. Edition von Warhammer weiterspielen (die Weltmeisterschaften rücken näher). Dann werde ich schauen, in welche Richtung sich die Community bewegt. Viele werden aufhören oder auf andere Tableops ausweichen. Die Frage ist: schaffen wir es uns auf eine gemeinsame Basis zu einigen, um weiterhin regelmäßige Turniere in akzeptabler Größe veranstalten zu können? Die Zeit wird es zeigen.

5 Antworten zu “Warhammer ist tot …

  1. Man würde ja lachen, wenn es nicht so traurig wäre. 😦 Ich wünsch dir ein richtig geiles Turnier in Prag, genieß es noch einmal. 🙂

  2. Hast du dir schon Kings of War angesehen?

  3. Schade um Warhammer FB. Mit AOS kann ich nichts anfangen. Da lese ich dann lieber Fantasy-Bücher über große Menschen- und Orkhelden („Die Antariksa-Saga“ lese ich z.B. derzeit, ist sehr gut und warhammerlastig)

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